“Wechselkurse.”

Review

Fareed Armaly wird ab 1999 für zwei Jahre künstlerischer Leiter im Künstlerhaus Stuttgart sein. Als Künstler hält er sich im Hintergrund und macht eher eine Ausstellung zuwenig als eine zuviel. Seine Konzepte sind komplex und bezogen auf den gesellschaftlichen Kontext; sie reichen von institutionskritischen Inszenierungen bis zur Entwicklung eines TV-Projekts, das in Verbindung mit einem Seminar an der Uni Hamburg stattfindet. Seine Wahl schließt an die Tradition theoretischer Diskurse im Haus an und verspricht, ein Glücksfall für Stuttgart zu werden. Mit Armaly sprach Katrin Wittneven.

nbk: Was reizt Sie an der Arbeit in einer Institution?

F. A.: Ich habe immer mit Kunstinstitutionen gearbeitet, wie man von meinen Tagen in Köln, dem UNITE-Projekt, der Generali-Foundation oder dem aktuellen Projekt für den öffentlichen Raum in Hamburg weiß. Es interessiert mich, in Projekte einbezogen zu sein, die eine deutliche Haltung künstlerischer Praxis vertreten.

nbk: Welche Pläne haben Sie?

F. A.: Bei den Vorgesprächen herrschte ein überraschend offenes Klima. Ich möchte mit derselben Offenheit dort antreten. Im Verlauf von 20 Jahren, die seit der Gründung vergangen sind, ändert sich eine Menge: Stuttgart hat heute mehrere von Künstlern betriebene Ausstellungsorte, und auch in den Akademien gibt es häufiger Gastvorträge. Dadurch kann ich mich auf andere Schwerpunkte konzentrieren.
Es interessiert mich z. B., welchen konstruktiven Momenten Webseiten, Performances oder Institutionen selbst unterliegen und was dies mit einem sich im Umbruch befindlichen Künstlerhaus zu tun haben könnte. Von außen betrachtet ist man sich der Tatsache nicht so bewusst, dass das Haus im Wesentlichen in zwei Teile geteilt ist: den temporär besetzten der künstlerischen Leitung für die freie Programmation und den kontinuierlichen der Geschäftsführung, die für die Belange der Mitglieder und die verschiedenen Werkstätten verantwortlich ist. Diese Kombination bildet den einmaligen Charakter des Hauses. Wie man an der Auswahl der bisherigen Leitungen sehen kann, hat man in diesem von Künstlern gegründeten Ort genügend Erfahrung, um immer wieder in einer unkonventionellen Herangehensweise etwas zu riskieren und nicht auf Nummer sicher zu gehen.

nbk: Warum, glauben Sie, sind Sie gewählt worden?

F. A.: Vielleicht wegen meines Arbeits­hintergrunds? Meiner Rolle als Künstler? Vielleicht als Signal? Ich kenne Stuttgart seit 13 Jahren. Es ist die erste deutsche Stadt, in die ich kam, und das Künstlerhaus kenne ich fast genauso lang. Die Arbeit in Deutschland hat eine wichtige Rolle in meiner künstlerischen Entwicklung gespielt, und es bedeutet mir viel, dass sich der Beirat in einem zunehmend konservativen Umfeld für einen „Fremden“, der ich noch immer bin – und wie man an meinem gebrochenen Deutsch unschwer erkennt – entschieden hat.

nbk: Sehen Sie die Leitung des Hauses als Fortsetzung Ihrer bisherigen künstlerischen Arbeit?

F. A.: Diese Stelle entsprach nie den Konventionen eines Kurators oder Managers. Sicherlich werden die Parameter in den nächsten zwei Jahren völlig andere sein, aber ich setze mich, wie in meiner bisherigen Arbeit, für einen an Inhalten orientierten Dialog zwischen Theorie und Praxis ein.

nbk: Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten, wo die Chancen? F. A.: Vorurteile. Und die Chancen? Ich hatte mich nicht mit einem festgelegten Plan vorgestellt, sondern angeboten, auf Diskussionen, etwa über das Selbstverständnis des Hauses, zu reagieren. Dass diese Offenheit von zwei Seiten kommt, ist ein optimaler Ausgangspunkt für 1999.