“Palästinas Identitätskonflikt wird sichtbar: Fareed Armaly.”

Ein New Yorker in Deutschland. Seit zwei Jahren leitet Fareed Armaly das Künstlerhaus Stuttgart. Jetzt ist er Documenta11-Künstler.

Review

Mit seinen themenbezogenen, multimedialen Installationen gehört der 1957 als Sohn libanesisch-palestinensischen Eltern in Iowa geborene in New York aufgewachsene Fareed Armaly seit über zehn Jahren zu den profiliertesten Vertretern der sogenannten Kontext-Kunst. Aufsehen erregte er unter anderem 1999 mit der Schau From/To in Rotterdam, die sich kritisch mit der Geschichte Palästinas und der problematischen Identitätsfindung heutiger Palästinenser befasste.

Ein Stein ist in dieser Installation der Ausgangspunkt für verschiedene Streifen, die am Boden durch die Ausstellungsräume laufen und einander kreuzen. Ihre Bezeichnungen sind Wegstrecken und Orte in Palästina, die ihre integrierende geographische Funktion für die Palästinenser längst verloren haben. Sie erscheinen wie abstrakte Daten-Highways, die Leere der Räume weckt Assoziationen an die Leere der Wüste.

Multimediale Geschichtsdarstellung

Zu sehen war diese, mehrere Räume ausfüllende, Installation 1999 in der Kunsthalle Witte de With in Rotterdam. Fareed Armaly realisierte dort eine multimediale Schau, zu der auch umfangreiche Plakattexte, Piktogramme und Landkarte gehörten. Das Werk lieferte Informationen zu Themen wie Kinderarbeit, zur Situation der Frauen oder über das in Tel Aviv zusammenlaufende Telefonsystem, über das die verstreut lebenden Palästinenser kommunizieren müssen und das von den Israelis jederzeit unterbrochen werden kann. Ein Videoarchiv enthielt 29 Spiel- und Dokumentationsfilme, die zum ersten Mal die palästinensische Filmproduktion der jüngsten Vergangenheit im Westen öffentlich machten.

Solche Informationsvielfalt mag überfordernd wirken, aber das stört Armaly wenig. Er will die Dinge nicht vereinfachen, sondern die Komplexität sozialer und politischer Konflikte mit den Möglichkeiten unterschiedlicher Medien darstellen. Diese Vielschichtigkeit kennzeichnet auch Armalys Auseinandersetzung mit den sozialen Implikationen von Architektur.

Informationsdesigner

Weithin bekannt wurde er mit seinem Beitrag zur Ausstellung „Firminy“, die 1993 in dem gleichnamigen Ort bei Marseille in Le Corbusiers berühmt-berüchtigtem Unité-Wohnblock stattfand.

Doch wie lässt sich Armalys Arbeit charakterisieren? Sie beginne dort, „wo die Sozialwissenschaft aufhört, am Übergang zwischen Zeichen und Raum, Geschichte und Geographie, Archäologie und Kartographie, zwischen Wirtschaft und kulturell/sozialer Architektur“, konnte man bereits 1992 zusammenfassend in der Zeitschrift Artforum lesen. Vielleicht ist Armaly am ehesten als kritischer Informationsdesigner zu bezeichnen. Fließend ist jedenfalls der Übergang von der künstlerischen zur kuratorischen Tätigkeit, die er seit 1999 im Künstlerhaus Stuttgart auch tatsächlich ausübt.

Für die Documenta11 wird Armaly teilweise mit dem palästinensischen Filmemacher Rashid Masharawi zusammenarbeiten. Angesichts der dramatisch zugespitzten politischen Lage lässt dies besonders brisanten Diskussionsstoff erwarten.